German Equal Pay Award

Die Jury

Die Jury entscheidet, welche innovativen, wirksamen und vielversprechenden Konzepte am meisten zur Entgeltgleichheit in Unternehmen beitragen. Die Unternehmen werden dann vom BMFSFJ mit dem German Equal Pay Award ausgezeichnet.

Wir freuen uns sehr über unsere engagierte Jury und stellen sie Ihnen auf dieser Seite vor: 

  • Prof. Dr. Miriam Beblo, Universität Hamburg
  • Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager, Vorstand Arbeit und Soziales BP Europa SE
  • Eveleyne de Gruyter, Geschäftsführerin Verband der Unternehmerinnen
  • Thomas Fischer, Leiter des Referats 412 „Arbeitsmarkt“ im BMFSFJ
  • Sven Franke, Geschäftsführer Co:x,  Autor zu „New pay“
  • Lisa Jaspers, Gründerin des Fair-Trade-Unternehmen FOLKDAYS, Autorin „Starting a Revolution“
  • Marie Zeisler, Leitung Kommunikation Allbright Stiftung
  • Lena Marbacher, Mitgründerin des Neue Narrative Magazins

Jury-Portraits

Wie sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema Entgelt(un)gleichheit in Berührung gekommen? 
„Am Anfang war die Frage, wie viel Arbeit eigentlich verrichtet wird, ohne das irgendein Lohn dafür gezahlt wird (die unbezahlte Care-Arbeit). Daraus entstand mein Forschungsschwerpunkt Zeitverwendung und unweigerlich dann auch die unterschiedliche Bezahlung von Erwerbsarbeit.“

Was war Ihr persönlich größter Erfolg auf dem Weg zu mehr Entgeltgleichheit?
„Das war wahrscheinlich die Verkettung beeinflussbarer wie auch nicht beeinflussbarer Umstände, die es mir schließlich ermöglichten, in einem hochqualifizierten und eher männlich dominierten Beruf Fuß zu fassen.“

Wo sehen Sie in Deutschland am meisten Nachholbedarf in puncto Entgeltgleichheit?
„Die Verdienste unterscheiden sich maßgeblich zwischen den Berufen und die Differenz ist nicht immer mit der geforderten Qualifikation, Schwere der Tätigkeit oder Knappheiten auf dem Arbeitsmarkt erklärbar. Einige Berufe gehören deshalb dringend neu bewertet und das so ermittelte angemessene Entgelt (und Arbeitsbedingungen) auch politisch durchgesetzt.“

Wie sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema Entgelt(un)gleichheit in Berührung gekommen? 
„Ich bin zum ersten Mal mit dem Thema Entgeltungleichheit in Berührung gekommen, als ich mich vor dem ersten Berufspraktikum in meiner Schulzeit mit verschiedenen Berufen und deren Entlohnung beschäftigt habe. Ich fragte mich damals, warum Berufe so unterschiedlich entlohnt werden.“

Wo sehen Sie in Deutschland am meisten Nachholbedarf in puncto Entgeltgleichheit?
„Den größten Nachholbedarf sehe ich in Westdeutschland, wo der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen sehr viel höher ist als in Ostdeutschland. Diese Schieflage liegt an den historisch bedingt geringeren Kinderbetreuungansgeboten und an einer eher traditionellen Aufteilung der Sorgearbeit in den Familien.“

Welches Land ist für Sie Vorreiter in Sachen Entgelttransparenz und Entgeltgleichheit?
„Mein Vorreiter sind die Vereinigten Staaten von Amerika, wo vor mehr als drei Jahrzehnten Frauen zum ersten Mal mit signalroten Taschen auf die Straße gingen. Ihnen haben wir zu verdanken, dass es heute weltweit Equal Pay Days gibt.“

Welche Personen bewundern Sie für ihren Einsatz beim Thema Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt?
„Unser VdU-Mitglied Astrid Siemes-Knoblich. Astrid war acht Jahre lang Bürgermeisterin der Stadt Müllheim in Baden-Württemberg. In dieser Zeit erhielt sie sowohl weniger Gehalt als ihr Vorgänger als auch ihr Nachfolger – beides Männer – obwohl sie selbstverständlich die gleiche Arbeit machte. Als Konsequenz verklagte sie die Stadt Müllheim auf Schadensersatz auf Grundlage des Antidiskriminierungsgesetzes und machte ihren Fall zum 10. März 2021, dem „Equal Pay Day“, öffentlich. Gleichstellung heißt gleiche Teilhabe, gleiche Bezahlung und gleiche Bedingungen sowohl in öffentlichen, politischen als auch privatwirtschaftlichen Positionen. ... Denn einen vergleichbaren Fall hat es vor Gericht noch nie gegeben, sodass Astrids Fall zu einem Präzedenzfall des Anti-Diskriminierungsrechts werden könnte – das wäre wahnsinnig wichtig für so viele Frauen in unserem Land!“

Wo sehen Sie in Deutschland am meisten Nachholbedarf in puncto Entgeltgleichheit?
„Es besteht ein Gender Pay Gap von 18 Prozent, womit Deutschland auf einem der hinteren Plätze in der EU liegt. Dafür gibt es eine Vielzahl miteinander verknüpfter und sich gegenseitig verstärkender Gründe: Es müssen zeitnah entscheidende strukturelle und wo nötig gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Frauen nicht länger benachteiligen oder Fehlanreize setzen und die eine faire Teilung von familiärer Sorgearbeit fördern. Dazu gehören strukturelle und kulturelle Veränderungen in den Unternehmen und in politischen Entscheidungsgremien sowie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber eben auch die Abschaffung von Fehlanreizen im Steuer- und Abgabensystem und von Hindernissen beim Zugang zu Kapital für Gründerinnen und Unternehmerinnen. Frauen müssen zudem in ihrer Vielfalt, insbesondere als Expertinnen, als Führungspersonen, als Gründerinnen, Unternehmerinnen, Investorinnen in Medien, im öffentlichen Raum und auch in Schulbüchern als Vorbilder sichtbarer sein, um alte Rollenstereotype zu durchbrechen.“

Welches Land ist für Sie Vorreiter in Sachen Entgelttransparenz und Entgeltgleichheit?
„Die skandinavischen Länder sind für mich Vorreiter und Vorbilder. Das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein in Sachen Gleichstellung ist dort viel stärker ausgeprägt als in Deutschland. Dafür sind sicherlich 2 verschiedene Faktoren verantwortlich. Gleichstellung ist dort institutionalisiert, Themen wie die gleichberechtigte Teilhabe in Entscheidungsgremien und die ökonomische Gleichstellung fallen bei politischen Entscheidungen viel stärker ins Gewicht und werden von vornherein mitbedacht. Aber auch die gleichwertige Aufteilung von unbezahlter Care Arbeit und Elternzeit zwischen den Lebenspartnern ist in skandinavischen Ländern viel ausgeprägter als in Deutschland.“

Was war Ihr persönlich größter Erfolg auf dem Weg zu mehr Entgeltgleichheit?
„Als Referatsleiter im BMFSFJ war ich 2016/17 verantwortlich für den Entwurf sowie für die Abstimmungen und Verhandlungen zum Entgelttransparenzgesetz – sowohl mit den Sozialpartnern als auch mit den Ressorts der Bundesregierung. Das Gesetz ist am 6. Juli 2017 in Kraft getreten.“

Welches Land ist für Sie Vorreiter in Sachen Entgelttransparenz und Entgeltgleichheit?
„Es gibt gute Beispiele für Entgelttransparenz aus vielen Ländern: Prüfverfahren in Island oder Berichtspflichten in Großbritannien. Aber vorbildlich finde ich aktuell Kanada, wo kürzlich auf Bundesebene ein Entgeltgleichheitsgesetz (Pay Equity Act) in Kraft getreten ist. Der Begriff Pay Equity meint gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Unternehmen ab 10 Beschäftigten sind verpflichtet, frauen- und männerdominierte Tätigkeiten zu bewerten und die Gehälter zu vergleichen. Werden Lohnunterschiede festgestellt, muss ein Plan zur Herstellung von Entgeltgleichheit (Pay Equity Plan) erstellt werden. Arbeitgebern werden dafür nützliche Werkzeuge und Materialien an die Hand gegeben.“

Wenn Sie den Unternehmen in Deutschland etwas mit auf den Weg geben könnten, was würden Sie ihnen sagen?
„Sehen Sie Entgeltgleichheit und Lohntransparenz nicht als bürokratische Last, bei der es lediglich gesetzlichen Vorgaben zu folgen gilt, sondern nehmen Sie gleiche Bezahlung und Gleichstellung von Frauen und Männern als Chance und als Managementaufgabe im Unternehmen wahr: in der Personalentwicklung und Unternehmenskultur oder in der Weiterentwicklung von Vergütungsstrukturen. Dann ist Entgeltgleichheit ein Gewinn – für die Bindung von Fachkräften und für die Nutzung aller Potenziale.“

Wie sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema Entgelt(un)gleichheit in Berührung gekommen?   
„In meinem ersten Studentjob. Meine Aufgabe auf Basis der Gehaltsdaten Gesamtkostenumlagen zu verteilen. Da ist mir die Ungleichheit das erste Mal bewusst geworden. Ich war echt überrascht über die großen Spannen, zumal ich ein Teil der Mitarbeiter und deren vergleichbare Arbeit kannte.“

Welche Personen bewundern Sie für ihren Einsatz beim Thema Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt?  
„Sven Hagströmer, der Gründer der AllBright Stiftung und mit ihm das gesamte Team in Deutschland um Wiebke Ankersen und Christian Berg. Besonders beeindruckt mich, wie es diesem kleinen Team gelingt eine hohe Medienwirksamkeit für das Thema zu erzielen.“

Welches Land ist für Sie Vorreiter in Sachen Entgelttransparenz und Entgeltgleichheit?  
„Ohne Frage das ist Island, mit der Verabschiedung ihrer Equal Pay Act in 2018 haben sie die Messlatte für andere Staaten sehr hoch gesetzt. Durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Island entstehen offenere und transparentere Verfahren bei der Lohnfestsetzung. Die Belegschaft versteht, wie Löhne oder Gehälter zustande kommen und es entsteht eine Lohngleichheit. Und das nicht irgendwann sondern sehr eng terminiert.“

Wie sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema Entgelt(un)gleichheit in Berührung gekommen?
„Als ich das erste Mal um mein Gehalt verhandeln musste, wurde mir gesagt, dass der von mir geforderte Betrag über der Obergrenze läge und die Einhaltung dieser Grenze für das gesamte Gehaltsgefüge des Unternehmens wichtig sei. Ein paar Monate später habe ich mich mit einem neuen männlichen Kollegen über unsere Gehälter unterhalten und so erfahren, dass er (mit weniger Arbeitserfahrung) ein höheres Einstiegsgehalt heraus gehandelt hatte als ich. Das zu erfahren hat mich sehr demotiviert und eigentlich hab ich in diesem Moment entschieden, dass ich diesem Unternehmen keine Zukunft für mich sehe.“

Was war Ihr persönlich größter Erfolg auf dem Weg zu mehr Entgeltgleichheit?
„Ich finde es schön, dass wir mit Gehältern (und allen anderen Finanzthemen) sehr offen und transparent bei FOLKDAYS sind. Jede:r weiß, wann er/sie verdient und wenn es Veränderungen gibt, diskutieren und entscheiden wir das gemeinsam.“

Wenn Sie den Unternehmen in Deutschland etwas mit auf den Weg geben könnten, was würden Sie ihnen sagen?
„Das Entgeltthema von Gehaltsverhandlungen bis zu Boni-Systeme ist in den meisten Unternehmen so gestaltet, dass die Dreisten belohnt und die Bescheidenen bestraft werden. Egal wie mensch es dreht oder wendet, das macht einfach keinen Sinn.“

Wie sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema Entgelt(un)gleichheit in Berührung gekommen? 
In meiner ersten Festanstellung posaunte ich die Höhe meines Gehalts im Büro ungefiltert hinaus. Alle schauten mich schockiert und stillschweigend an, als hätte ich mir gerade einen großen Fauxpas geleistet. Transparenz war mir damals schon wichtig, nur so kann es doch fair zu gehen. Ich erfuhr übrigens nie, was meine männlichen Kollegen verdienten.

Wo sehen Sie in Deutschland am meisten Nachholbedarf in puncto Entgeltgleichheit?
Nur 4% der Beschäftigten geben an eine Auskunftsanfrage gestellt zu haben. Viele kennen ihre Rechte nicht. Es sollte viel mehr, auch und besonders seitens der Betriebe, über die Auskunftsmöglichkeit gesprochen werden. Nur so kann man das Thema enttabuisieren und Mitarbeitende ermutigen, Auskünfte einzufordern.

Welche Personen bewundern Sie für ihren Einsatz beim Thema Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt?
Ich bewundere vor allem Ruth Bader Ginsburg, die mit einer ungeheuren Stärke, Klugheit und einer großen Portion Diplomatie und Einfühlungsvermögen enorm viel für die Gleichstellung in den USA getan hat.

  • Porträt Lena Marbacher

Wie sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema Entgelt(un)gleichheit in Berührung gekommen? 
„Durch persönliches Erleben. Ich bekam für exakt den gleichen Job weniger Gehalt als ein Kollege.“

Wo sehen Sie in Deutschland am meisten Nachholbedarf in puncto Entgeltgleichheit?
„Ich verstehe nicht, dass wir als Land scheinbar nicht begreifen wollen, dass die Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft ein riesiger Faktor für das BIP, für bezahlte Care-Arbeit, Demografie und fairere Vermögensverteilung ist. Unternehmen, die das nicht eigeninitiativ umsetzen, benachteiligen nicht nur FLINTA*, sondern letztendlich uns alle.“

Wenn Sie den Unternehmen in Deutschland etwas mit auf den Weg geben könnten, was würden Sie ihnen sagen?
„Es gibt dutzende Argumente, die für Gleichstellung in Unternehmen sprechen. Auch rein opportunistisch betrachtet, ist die Gleichstellung von FLINTA* ein wirtschaftlicher Vorteil. Ich frage mich: Worauf wartet ihr?“