Die Europäische Entgelttransparenz-Richtlinie
Der Gender Pay Gap in der EU liegt 2021 bei 13 Prozent. Deutschland liegt mit 18 Prozent über dem Durchschnitt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Eine davon ist fehlende Transparenz in betrieblichen Entgeltstrukturen und Lohnfindungsprozessen. Transparenz hilft, ungerechtfertigte Entgeltunterschiede zu beseitigen, und öffnet den Blick für die Stellschrauben zu mehr Chancengleichheit von Frauen und Männern in Betrieben und Unternehmen.
Um die Transparenz in Entgeltstrukturen zu stärken, legte die Europäische Kommission im März 2021 einen Richtlinienvorschlag vor. Im Dezember 2022 einigten sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament auf die „Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen“ (Transparenz-Richtlinie). Am 30.03.2023 wurde die Richtlinie im Europäischen Parlament verabschiedet und am 24.04.2023 final durch den Rat der Europäischen Union angenommen. Die Mitgliedstaaten haben nun drei Jahre Zeit, um die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Spätestens bis Juni 2026 müssen alle EU-Staaten starke Transparenzinstrumente einführen.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus begrüßte die Annahme: "Die Entgelttransparenz-Richtlinie ist für alle Frauen in Europa ein starkes Signal. Ich werde mich dafür einsetzen, dass Deutschland die Richtlinie in einem ambitionierten Entgelttransparenzgesetz umsetzt: Frauen sollen es künftig leichter haben, eine ungleiche und nicht an der Leistung ausgerichtete Entlohnung zu erkennen und ihr Recht auf gleiches Entgelt auch durchzusetzen."
Verschiedene Maßnahmen für mehr Entgelttransparenz
Die EU-Richtlinie beinhaltet verschiedene Maßnahmen für mehr Entgelttransparenz:
Das Entgelttransparenzgesetz in Deutschland
In Deutschland gilt seit 2017 das Entgelttransparenzgesetz, um den Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" für Frauen und Männer in der Praxis durchzusetzen. Das deutsche Entgelttransparenzgesetz wird nach Inkrafttreten der Richtlinie zu aktualisieren sein, da die Regelungen der Entgelttransparenz-Richtlinie über die des Entgelttransparenzgesetzes hinausgehen.
Bisher fordert das Gesetz Unternehmen ab 500 Beschäftigten dazu auf, betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen. Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, die zugleich lageberichtspflichtig sind, müssen außerdem einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit erstellen. Den individuellen Auskunftsanspruch gibt es bisher für Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten.
Den Grundsatz für Entgeltgleichheit hat auch das Bundesarbeitsgericht in mehreren Grundsatzurteilen - zuletzt am 16. Februar 2023 - gestärkt: gleiche und gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern muss gleich bezahlt werden. Es betonte in seinem Urteil von Februar: Besteht ein Entgeltunterschied zwischen den Geschlechtern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, muss der Arbeitgeber objektive und diskriminierungsfreie Gründe vortragen, die diesen Unterschied rechtfertigen. "Verhandlungsgeschick" fällt als Grund seit dem Urteil weg: denn es hat mit der Arbeitsleistung von Mitarbeitenden nichts zu tun.